Das Jahr 2022 war für Schweizer Aktien wie für die meisten Anlageklassen geprägt von wirtschaftlichen Ungleichgewichten ausgelöst durch die Coronakrise, gestörten Wertschöpfungsketten, Produktemangel und vor allem einem starken Inflationsschub, Zinserhöhungen sowie Russlands Einmarsch in die Ukraine.
12. Januar 2023
Zum Jahresende dominierten weitgehend negative Schlagzeilen. Wer heute mit den Schweizer Firmen spricht, hört ein recht einheitliches Bild: Kurzfristig herrscht Unsicherheit. Doch die Unternehmen haben auch andere Nachrichten, die aus unserer Sicht wichtiger sind: Mittel- und längerfristig sind die Unternehmen zuversichtlich, eine Ansicht, die wir teilen.
Im Laufe der Jahre haben wir unsere Schweizer Anlagestrategien auf Wachstum ausgerichtet. Durch die konsequente Auswahl kamen eine Anzahl von Unternehmen ins Anlageportfolio, die von strukturellen Wachstumstrends getragen werden. Diese sollten in den kommenden Jahren eine dynamische Geschäftsentwicklung bei einer Reihe von Schweizer Small- und Mid-Cap-Unternehmen begünstigen. Thomas Funk, Investment Director für Schweizer Aktien bei GAM Investments, identifiziert vier strukturelle Trends, die sich als Wachstumstreiber für unsere Schweizer Aktien Anlagestrategien erweisen dürften.
- Produktivitätssteigerung
Der erste ist nicht offensichtlich - es sind Produktivitätssteigerungen. In den USA steigen die Löhne und es ist zunehmend schwieriger die höheren Kosten auf die Endprodukte abzuwälzen. Die Märkte werden nach den Corona bedingten Störungen in den Wertschöpfungsketten wieder wettbewerbsintensiver, da sie besser mit Gütern versorgt sind. Die Einkäufer können nun wieder vermehrt auswählen, wo sie kaufen. Preismacht durch Knappheit ist am Verschwinden. Das heisst, die Produktivität muss steigen, sonst leiden die Margen. Verschiedene Unternehmen im Portfolio bieten willkommene Lösungen an, um die Effizienz zu steigern, beispielsweise Bossard, ein Schweizer Unternehmen für Verbindungstechnik und Logistik, mit Konstruktions-Knowhow und intelligenten Lagersystemen. Die Firma berichtet, dass die Nachfrage nach solchen Lösungen angezogen hat. Wir sind der Meinung, dass die Welt durch die höhere Inflation einen Produktivitätsschub erfahren wird. In Europa ist die Situation etwas anders als in den USA. Hier leiden Firmen zunehmend unter Fachkräftemangel. Die Antwort ist jedoch dieselbe: Es braucht höhere Produktivität. Die gute Nachricht ist, dass Produktivitätssprünge möglich sind, nicht zuletzt dank einem zweiten strukturellen Wachstumstrend.
- Digitalisierung der Wirtschaft
Die Digitalisierung der Wirtschaft in immer mehr Bereichen ermöglicht Lösungen, die vorher nicht denkbar waren. Fertigungssysteme werden intelligenter, Produktionsschritte eliminiert und in andere integriert, zudem wird automatisiert und durch bessere Qualitätskontrollen fallen die Ausschussraten. Rasante Fortschritte in der Halbleitertechnologie ermöglichen neue Vorgehen, bessere Lösungsansätze und innovative Produkte. Bildvergleiche mittels künstlicher Intelligenz helfen, medizinische Diagnosen zu automatisieren und zu verbessern. Sensoren messen immer mehr Variablen und ermöglichen Systeme besser zu steuern, wie beispielsweise bei der Heizung, Lüftung und Kühlung von Gebäuden. So kann Energie gespart und das Raumklima verbessert werden. Die Halbleiterindustrie steht im Zentrum des Digitalisierungstrends. Nach unserer Einschätzung wird sie auf Jahre hinaus wachsen, braucht jedoch dazu eine weiterhin hohe Innovationsrate. Gegenwärtig neigt wegen kurzfristigen Überkapazitäten der Speicherchipmarkt zur Schwäche. Zweidrittel des Marktes sind aber mittlerweile andere Chips und bei diesen kann auch 2023 mit Wachstum gerechnet werden.
- Energiewende
Der dritte strukturelle Wachstumstrend ist die Energiewende. Die Welt ist aufgebrochen das Energieproblem zu lösen. Dabei wird es Gewinner und Verlierer geben. Gase erfahren eine Nachfragebelebung, da sie sauberer sind als flüssige Treibstoffe und eine hohe Energiedichte haben. Zur Verwendung müssen die Gase komprimiert werden. Burckhardt Compression dürfte der Marktführer im Bereich von Hochleistungskompressoren sein. Strommesskomponenten von LEM spielen eine zentrale Rolle für die bessere Steuerung von Energie in der E-Mobilität, aber auch vermehrt bei der Steuerung von Industriemotoren, wo oft noch eine alte Technologie eingesetzt wird. Mit Landis+Gyr Lösungen können Stromnetze besser gesteuert werden, die immer mehr Schwankungen unterworfen sind, da der Anteil an erneuerbaren Energien zunimmt. Steuerungssysteme von Belimo ermöglichen eine deutlich verbesserte Energieeffizienz in den Gebäuden, und Accelleron hat erhebliche Mittel in Turboladerlösungen für neue sauberere Motorentypen investiert. In der Seefahrt beispielsweise zeichnet sich eine Veränderung bei den Motoren ab. Bei den allergrössten Schiffen, wie den LNG Tankern, ist dies schon weiter fortgeschritten. Der Trend geht auch hier in Richtung Gase und Gasgemische. Das erfordert neue Lösungen.
- Medizin
Der vierte strukturelle Wachstumstrend zeigt sich in der Medizin: neue innovative Arzneimittel kommen auf den Markt. Bei den Peptiden, das sind kleine Eiweissbausteine, herrscht ein richtiger Boom und ein Ende ist auf Jahre hinaus nicht in Sicht. Bachem ist unserer Meinung nach Marktführer. Die Firma hat die nötigen Mittel zur Verfügung, um die Produktionskapazitäten zu erhöhen und die Marktführerschaft weiter auszubauen. Ein neuer Wachstumsbereich sind die Oligonukleotide, die neue Wirkungsmechanismen erschliessen. Die meisten von uns sind bereits durch die Coronaimpfung mit einem Oligonukleotid in Kontakt gekommen, das ist aber erst der Anfang. Die neuen innovativen Wirkstoffe müssen zumeist gespritzt werden. Das ermöglicht Ypsomed Wachstumschancen, denn die Burgdorfer Firma ist mit einem sehr hohen Marktanteil der Marktführer bei Injektionspens.
Durch das Abflauen der wirtschaftlichen Probleme, verbunden mit dem Wachstumspotenzial, das durch die vier oben beschriebenen strukturellen Trends angetrieben wird, müsste 2023 ein neuer Gewinnzyklus starten, der in das Jahr 2024 übergeht. Wir glauben, dass dies eine gute Basis für eine positive Performance der Schweizer Aktien wäre.
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