Skip to main content

Banken: Widerstandsfähig trotz Rezession

Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Unsicherheit fragen sich die Anleger verständlicherweise, wie sich die Banken im Falle einer Rezession entwickeln könnten. In seinem jüngsten Beitrag blickt Romain Miginiac, Leiter Research bei Atlanticomnium S.A., auf die globale Finanzkrise zurück und vertritt die Auffassung, dass die damalige Wertentwicklung der Banken ein guter Anhaltspunkt für die Widerstandsfähigkeit des Sektors sein könnte.

25. August 2022

Es ist verständlich, dass sich Anleger derzeit die Frage stellen, wie sich die Banken im Falle einer Rezession verhalten würden. Banken sind aufgrund ihrer Kreditvergabe und ihrer Wertpapierbestände von Natur aus sensibel bezüglich konjunktureller Schwankungen. In einem Abschwung steigen die Kreditausfälle, da die Fähigkeit der Kreditnehmer, ihre Schulden zu bedienen, abnimmt, und der Wert von Wertpapieren sinkt infolge schwächerer Märkte. Die Rentabilität wird dadurch beeinträchtigt, da die Banken höhere Verluste verkraften müssen. Übersteigen die Verluste die Erträge, wird überschüssiges Kapital zur Verlustkompensation eingesetzt, wobei das Ausmass der Verluste von der Schwere der Rezession und dem Risiko in den Bilanzen der Banken abhängt.

Wir sind jedoch der Überzeugung, dass das Stigma des globalen Finanzkrise (GFC, sowie anderer Krisen) den Bankensektor weiterhin überschattet und dazu verleitet, ihre Widerstandsfähigkeit zu unterschätzen. Das Ausmass der Verluste, der Kapitalbeschaffung und der Rettungsaktionen während des GFC waren astronomisch hoch - was die Anfälligkeit des Sektors zu dieser Zeit verdeutlichte. Das systemische Risiko hob die Anfälligkeit des Finanzsystems hervor, daher die weitreichenden Auswirkungen der Krise. Dies belastet den Sektor noch heute und führt nach unserer Einschätzung dazu, die seit der Finanzkrise erfolgte Transformation zu unterschätzen. Mehr als ein Jahrzehnt der Regulierung trug zum Risikoabbau, zur Erhöhung des Kapitalstocks und zum Abbau anderer Schwachstellen (Abhängigkeit von kurzfristigen Finanzierungen usw.) und damit zur grundlegenden Neuordnung des Sektors bei. Für die Anleihegläubiger sollte der Fokus eher auf Risikominderung als auf eine Erhöhung des Kapitalstocks gerichtet sein, da Ersteres das Letztere weniger relevant macht.

Der Pfad der Risikoreduzierung, den die Banken seit der GFC eingeschlagen haben, wird unserer Ansicht nach das Ausmass der Verluste in einem zukünftigen Abschwung erheblich verringern. Dies ist sowohl auf den Ausstieg der Banken aus dem risikoreicheren Investmentbanking als auch auf ihre verstärkte Konzentration auf risikoärmere Kreditportfolios, insbesondere Wohnungsbauhypotheken, zurückzuführen. Nach unserer Ansicht wurden die Banken langweilig, was sie für Anleihegläubiger sehr interessant macht. Fallen die Verluste deutlich geringer aus und können über die Erträge verkraftet werden, könnte sich das Überschusskapital letztlich als unnötig erweisen. Für einen Anleihegläubiger stellt dies ein Luxusproblem dar: Er verfügt über eine beträchtliche Menge an Kapital, das voraussichtlich nicht benötigt wird, da das Ausmass der potenziellen Verluste verringert wurde. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Banken derzeit überkapitalisierte und risikoarme Unternehmen sind, die Versorgungsunternehmen gleichen.

In unserer jüngsten Abhandlung analysieren wir die globale Finanzkrise eingehender unter der Fragestellung, welchen Geschäftstätigkeiten Banken derzeit noch nachgehen. Wir sind der Überzeugung, dass dies einen guten Einblick in den Bankensektor bietet und in der Tat die stärkste Quelle der Beruhigung in Bezug auf die Widerstandsfähigkeit des Sektors sein könnte. Wie bei vielen Themen zeigt sich, dass der Blickwinkel die Schlussfolgerungen erheblich verändern kann. In den Jahren 2007 bis 2009 belief sich der kumulierte Nettoverlust der UBS auf rund 28 Milliarden CHF, gleichzeitig erzielten die Wealth-Management- und Retail-Banking-Einheiten des Konzerns während der Krise eine geschätzte Eigenkapitalrendite von mehr als 15 %1. Die UBS stellte keine Ausnahme dar; vielmehr war eine beträchtliche Anzahl von Banken während der Krise profitabel und erhöhte angesichts der steigenden Kapitalanforderungen defensiv ihr Eigenkapital. In diesem Papier gehen wir hinaus über die Schlagzeilen über Billionenverluste resultierend aus Aktivitäten, die nicht mehr zum Kern des Geschäftsmodells europäischer Banken zählen, und zeigen, dass die Leistungsfähigkeit der Banken während der Finanzkrise auf ihre starke Fähigkeit hindeutet, Verluste in einem Stressszenario zu absorbieren, ohne Anleihegläubiger negativ zu beeinträchtigen.

Unseres Erachtens sollten die Widerstandsfähigkeit des europäischen Bankensektors und seine Fähigkeit, Verluste selbst in einem "Extrem-Szenario" aufzufangen, die Bewertungen im Vergleich zu anderen Sektoren stark unterstützen. Die vierteljährlichen Erträge dürften weiterhin als Katalysator für eine Neubewertung des Sektors wirken, da höhere Zinsen zu einer höheren Rentabilität führen. Sollte es zu einem Abschwung kommen, dürfte sich dies ebenfalls positiv auf die Bewertungen auswirken, da diese eine hohe Fähigkeit zur Bewältigung höherer Kreditausfälle widerspiegeln würden. Kurzfristig dürfte ein Abschwung zwar zu einer anhaltenden Marktvolatilität führen, doch längerfristig sind wir der Ansicht, dass die Banken, die ihre Widerstandsfähigkeit unter Beweis stellen, die Wahrnehmung des Sektors wesentlich verbessern und den Wandel in den vergangenen zehn Jahren demonstrieren sollten. Die Fähigkeit, einen Abschwung ohne Beeinträchtigung der Notfallkasse der Anleihegläubiger (Überschusskapital) zu überstehen, dürfte dazu führen, dass Banken mit engeren Spreads gehandelt werden. Nachrangige Schuldtitel von Banken bieten Anlegern die Möglichkeit, sich in einem unsicheren Umfeld in einem äusserst widerstandsfähigen Sektor zu engagieren und gleichzeitig einige der höchsten Renditen auf dem Markt zu erzielen.

Klicken Sie hier, um das vollständige Papier zu lesen. (Nur in englischer Sprache verfügbar)

1  Schätzung auf der Grundlage der UBS-Finanzausweise. Berechnet anhand von Daten der UBS-Einheiten Wealth Management und Retail Banking (Eigenkapitalrendite berechnet als geschätzter Reingewinn aus beiden Unternehmensbereichen dividiert durch das zugeordnete Kapital beider Unternehmensbereiche). Der Reingewinn wird als ausgewiesener Gewinn vor Steuern mal Steuersatz berechnet; das zugeordnete Kapital wird direkt ausgewiesen.
Wichtige rechtliche Informationen
Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen dienen lediglich zu Informationszwecken und stellen keine Anlageberatung dar. Die in diesem Dokument enthaltenen Meinungen und Einschätzungen können sich ändern und spiegeln die Sichtweise von GAM im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld wider. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen wird keine Haftung übernommen. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für zukünftige Ergebnisse oder aktuelle oder zukünftige Trends. Die genannten Finanzinstrumente dienen lediglich der Veranschaulichung und sind nicht als direktes Angebot, Anlageempfehlung oder Anlageberatung zu verstehen. Die aufgeführten Wertpapiere wurden aus dem von den Portfoliomanagern abgedeckten Wertpapieruniversum ausgewählt, um dem Leser ein besseres Verständnis der dargestellten Themen zu ermöglichen, und werden nicht notwendigerweise von irgendeinem Portfolio gehalten oder stellen Empfehlungen der Portfoliomanager dar. Es gibt keine Garantie dafür, dass die Prognosen eintreffen werden.

Romain Miginiac

Fund Manager & Head of Research at Atlanticomnium SA
Meine Insights

Verwandte Artikel

Thematische Überlegungen: Geopolitik und Umbrüche in der „grünen Wirtschaft“ in Asia-Pacific

Meera Patel

Q2 Multi-Asset-Perspektiven: Amerikanische Absicherung...oder Abgrund?

Julian Howard

Euro SMIDs - im Vergleich zum Rest des Marktes ungewöhnlich günstig?

Niall Gallagher

Investment-Meinungen