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Active Thinking

Auf dem jüngsten Active Thinking Forum von GAM Investments beleuchtete Jian Shi Cortesi die wichtigsten Erkenntnisse des chinesischen Parteikongresses und erörterte die potenziellen Katalysatoren für eine Rückkehr der Anleger an die asiatischen und chinesischen Märkte.

19. Oktober 2022

Frühere “Bärenmarkt”-Phasen chinesischer und asiatischer Aktien erstreckten sich in der Regel über sechs bis zwölf Monate. Mittlerweile befinden sich Asien und China seit 20 Monaten im Abwärtstrend. Diese längste Abwärtsphase der vergangenen 20 Jahre wurde durch eine Reihe unglücklicher Ereignisse verursacht, die mit der Verschärfung der Internetvorschriften in China begann, und die Anleger verschreckte. Gegen Ende des letzten Jahres gab es zahlreiche Anzeichen für eine positive Entwicklung sowie eine unterstützende Politik in China. Der US-Markt stellte zu diesem Zeitpunkt den grössten Unsicherheitsfaktor dar. Dieser Markt bestimmt den Ton für den Weltmarkt, so dass es für die globalen Märkte schwierig ist, an Wert zuzulegen, solange der US-Markt fällt; dies hat sich im bisherigen Jahresverlauf bestätigt. Vor dem Hintergrund eines fallenden US-Marktes und eines starken US-Dollars sind die globalen Märkte, einschliesslich der asiatischen Märkte unisono gefallen.

Anfang der Woche begann der chinesische Parteikongress. Es wird allgemein erwartet, dass Xi Jinping als Parteivorsitzender, Staatsoberhaupt und Militärchef wiedergewählt wird. Es wird wichtig sein, einen Blick auf den Ständigen Ausschuss zu werfen, der sich normalerweise aus sieben bis neun Mitgliedern zusammensetzt. Auf diesem Kongress dürften einige Veränderungen im Ständigen Ausschuss eintreten, indem vielleicht zwei oder drei jüngere Personen aufgenommen werden. Diese jüngeren Vertreter könnten sich durchaus als zukünftige Führungskräfte herausstellen. Es wurde viel darüber diskutiert, ob Xi Jinping eine dritte Amtszeit antreten kann. Im Laufe der Jahre hat sich die Struktur der Parteiführung verändert. Mao hatte die Chef-Position dreier Institutionen inne – die der Partei, des Staates und des Militärs. In den 80er Jahren waren diese drei Funktionen auf drei Personen verteilt, doch in den vergangenen 30 Jahren erfolgte erneut eine Konzentration der Macht in der Hand einer Person.

Der Parteitag wird keine direkten Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Sobald jedoch die Führungspositionen festgelegt sind, werden voraussichtlich neue Projekte und Initiativen in Angriff genommen.

Das zentrale Motto Xi Jinpings Rede zu Beginn des Kongresses war die Fortsetzung der aktuellen Politik, insbesondere bezüglich der Modernisierung der Industrie, der technologischen Innovation, der Energiewende sowie der nationalen Sicherheit. Den Themen Innovation und nationale Sicherheit wurde viel Zeit gewidmet. Einige weitere wichtige Punkte sind:

  • Ein Bekenntnis zur Marktwirtschaft und zum Privatsektor, dem die Unterstützung durch die Regierung bestätigt wird.
  • Das Pro-Kopf-BIP soll in 15 Jahren das durchschnittliche Niveau der entwickelten Länder erreichen.
  • Zum Thema Covid wurde in der Rede vor allem die bisherige Politik erläutert, was jedoch bedeutet, dass es vermutlich zu keinen unmittelbaren Veränderungen kommen wird, wohl aber Änderungen im nächsten Jahr erfolgen könnten.
  • Hinsichtlich des Immobilienmarkts bekräftigte Xi, dass Immobilien zu Wohnzwecken und nicht als Spekulationsobjekte dienen. Dennoch könnten nach dem Parteikongress weitere Lockerungsschritte eingeleitet werden, um den Immobilienmarkt zu stabilisieren.
  • Die Rede deutete darauf hin, dass die Energiewende ein stetiger Wandel sein wird, was einen eher pragmatischen Ansatz voraussetzt. Höchstwahrscheinlich werden zunächst die Kapazitäten für erneuerbare Energien aufgebaut und anschliessend die traditionellen Energien zurückgefahren. Wir sind davon überzeugt, dass China aus den europäischen Erfahrungen gelernt hat.

Insgesamt ähnelt die Rede dem Fünfjahresplan, der ebenfalls den Schwerpunkt auf Wirtschaftswachstum, Innovation, saubere Energie und Sicherheit legte.

Der starke US-Dollar und die schwachen asiatischen Währungen dämpfen die Nachfrage nach allen asiatischen Vermögenswerten, sowohl nach Aktien als auch nach festverzinslichen Wertpapieren. Dies stellt grundsätzlich einen Gegenwind für asiatische Vermögenswerte dar. Der MSCI China Index befindet sich unter dem Stand von Dezember 2012 (vor zehn Jahren). Mit Blick auf das Kurs-Buchwert-Verhältnis handelt der Index mittlerweile auf einem Niveau, was einem Quotienten von Eins entspricht und liegt damit unter den Tiefstständen der Finanzkrise im Jahr 2008 und auf dem niedrigsten Stand der letzten 20 Jahre. Die Ursache hierfür liegt in dem kontinuierlichen Positionsabbau durch die Anleger. In den vergangenen 20 Monaten haben inländische A-Aktien, die massgeblich von inländischen Anlegern gehalten werden, deutlich weniger an Wert verloren als die in Hongkong notierten Aktien, die hauptsächlich in den Depots internationale Anleger liegen. Vor dem Hintergrund einer gedrückten Anlegerstimmung, steigender Zinsen und einer allgemeinen Risikoaversion benötigen Anleger einen triftigen Grund, um erneut in chinesische A-Aktien zu investieren.

Mögliche Katalysatoren hierfür könnten sein:

  • Covid-Entspannung: In China ist nicht mit einer sofortigen Änderung zu rechnen. Wir erkennen jedoch, dass die Covid-Beschränkungen zunehmend pragmatischer werden. Die grossflächigen Sperrungen sind seltener geworden. Stattdessen werden vermehrt für ein paar Tage gezielte Sperrungen von Gebäudekomplexen oder Wohngebieten vorgenommen, um ein Gleichgewicht zwischen den Covid-Beschränkungen und den wirtschaftlichen Auswirkungen herzustellen.
  • Stabilisierung des Immobilienmarkts: Wir erkennen zunehmend eine unterstützende Politik. Die Marktteilnehmer warten auf die Bestätigung, dass dies das chinesische Finanzsystem nicht kollabieren lässt.
  • Starke politische Impulse. In früheren Abwärtsphasen erholten sich die Märkte in einigen Fällen, nachdem das Angstniveau gesunken war. In anderen Fällen erholten sich die Märkte, nachdem sie stimuliert worden waren, z. B. durch die chinesischen Konjunkturmassnahmen im Jahr 2008 oder das riesige US-Paket nach März 2020. Derzeit scheint dies unwahrscheinlich zu sein, da China auf die Erfahrungen des Westens schaut, wo die enorme Liquiditätszufuhr in die Wirtschaft in den vergangenen zwei Jahren derzeit zu Inflationsproblemen führte. Wir halten es für unwahrscheinlich, dass China ein umfangreiches Konjunkturpaket auflegen wird.

Die Anleger waren besorgt, dass die chinesische Regierung sowohl chinesische als auch internationale Unternehmen ins Visier nimmt. Seit Beginn des Handelskriegs zwischen den USA und China im Jahr 2018 hat China jedoch auf Vergeltungsmassnahmen gegen US-Unternehmen verzichtet. Seitdem errichtete Tesla eine Fabrik in Shanghai. Starbucks verfügt über 6000 Filialen in China. General Motors verkauft mehr Autos in China als in den USA, und es gab keine Vergeltungsmassnahmen gegen diese Unternehmen zugunsten chinesischer Unternehmen. Insgesamt liegt der Schwerpunkt unverändert darauf, ausländisches Kapital anzuziehen und sich für internationale Unternehmen zu öffnen.

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Jian Shi Cortesi

Investment Director
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